Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Stadtrates,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Gäste,
jetzt stehe ich hier und bin Bürgermeister meiner Heimat. Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, was es für mich bedeutet. Ich kann Ihnen aber beschreiben, was es heißt Bürgermeister zu sein. Im Vorfeld der Sitzung gab es eine Diskussion darüber, ob der Begriff „unparteiisch“ in Bezug auf die Sitzungsführung als Ratsvorsitzender wieder in die Hauptsatzung aufgenommen werden soll. Ich nehme das zum Anlass, die drei unterschiedlichen Rollen des Bürgermeisters im Rat einmal zu beleuchten. Als Bürgermeister bin ich Vorsitzender des Stadtrates und führe die Sitzungen selbstverständlich sachlich und unparteiisch.
Als Bürgermeister bin ich aber auch Hauptverwaltungsbeamter. Als Hauptverwaltungsbeamter bin ich „gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 GO NRW berechtigt sowie auf Verlangen eines Ratsmitgliedes verpflichtet, zu Tagesordnungspunkten vor dem Rat Stellung zu nehmen. Dies beinhaltet auch das Recht, sich wertend und pointiert zu Anfragen und Beratungen im Rat zu äußern. Denn als Hauptverwaltungsbeamter nimmt der Bürgermeister die Perspektive der Gemeindeverwaltung ein.“
VG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2025 – 1 K 3351/24, Rn. 42
Das Bundesverwaltungsgericht hat einmal ausgeführt, dass der Bürgermeister „neben der Leitung der Verwaltung auch eine originär politische Funktion wahrzunehmen hat. Aufgrund seiner politischen Funktion ist er befugt, sich am politischen Diskurs über spezifische örtliche Angelegenheiten zu beteiligen.“
BVerwG, Urteil vom 13.09.2017 – 10 C 6/16 NVwZ 2018, 434
Als Bürgermeister bin ich aber auch Mitglied des Stadtrates. Als solches gehen die organschaftlichen Rechte nicht etwa dadurch verloren, dass er den Vorsitz im Rat führt.
VG Freiburg, Urteil vom 25.03.2021 – 4 K 3145/20
Oder noch deutlicher: „Als Mitglied des Rates steht dem Bürgermeister – ebenso wie den übrigen Ratsmitgliedern – ein Rederecht zu, welches es erlaubt, sich offensiv und parteiisch zu positionieren.“
VG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.2025 – 1 K 3351/24, Rn. 47
Wer also glaubt, dass sich meine Amtsführung darin erschöpft, die einzelnen Nummern der Tagesordnung aufzurufen und die Redner dran zu nehmen, den darf ich schon jetzt enttäuschen.
Letztlich folgt das doch schon aus dem Umstand, dass ich in freier, geheimer und unmittelbarer Wahl direkt gewählt worden bin. Die Menschen erwarten, dass ihr erster Bürger immer dann, wenn Haltung und Meinung gefragt sind, vorangeht.
Und es war eine Personenwahl. Am 14.09.2025 fanden in Rösrath vier verschiedene Wahlen statt. Und wenn man die Ergebnisse der einzelnen Wahlgänge vergleicht, unterstreicht das ganz deutlich, dass es mit Blick auf meine Person eine Personenwahl war. Bei der Landratswahl erhielt der Kandidat der Grünen 24%, der Bürgermeisterkandidat der Grünen 24%, und die Fraktionen im Stadtrat, die den Grünen Kandidaten trugen: 24%. Mit anderen Worten: Diesem Wählerklientel war der jeweilige Kandidat völlig egal.
Ein ganz anderes Ergebnis zeigt sich in Bezug auf meine Person. Während der Landratskandidat der CDU im Wahlbezirk Kleineichen – der immer an die CDU geht – 44% erzielte und diesen mit Weile gewann, ging er bei der Bürgermeisterwahl in beiden Wahlgängen an mich. Und noch deutlicher war das Geschehen im Wahlbezirk 18, meinem Heimatwahlbezirk, in dem auch mein Elternhaus steht. Dort erhielt ich gegen fünf Mitbewerber 55% im ersten und 72% im zweiten Wahlgang. Dort kennt man mich von Geburt an und war am nächsten an meiner politischen Arbeit dran. Und gerade, weil man mich dort von Geburt an kennt, hatten auch die vielen unsäglichen Angriffe auf meine Person dort keine Chance. Ich habe gewonnen, weil ich zu keinem Zeitpunkt gegen jemanden, sondern stehts für etwas stand. Ich stand für diese Stadt, in der wir alle wohnen, für meine Heimat und auch für die Zusammenarbeit mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates.
Liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, wer auch immer sich das System, die Bürgerinnen und Bürger bei der Entscheidungsfindung zu beteiligen ausgedacht hat, ihm zolle ich meinen Respekt. Aber ich sage auch ganz deutlich, dass auch Sie sich einer Wahl gestellt haben und das Volk jetzt repräsentieren. Den Bürgern, die sich besonders nachhaltig von der Seitenlinie melden, den sei gesagt, dass auf jedes Ratsmitglied hier im Raum 273 Stimmen entfallen. Und wenn sie diese 273 Stimmen zusammen haben, sind sie noch weitere 27-mal davon entfernt, hier im Haus eine Mehrheit zu erzielen. Das zeigt auch, welch breiter Teil der Bevölkerung durch einen Mehrheitsbeschluss repräsentiert wird. Sich Abseits mit 30 Leuten zusammen zu setzen und danach den Anspruch zu haben, dass der Rat dem Ergebnis dieser Arbeitsgruppe folgt, ist nach dieser Rechnung nicht zu vertreten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so sehr ich Sie auch schätze: Wir sind zu viele. Dieser Stadtrat hier kostet rund 400.000 Euro mehr als ein Stadtrat in gesetzlicher Mitgliederzahl. Die Kollegen im Rat der Stadt Köln verwalten ein 11-mal so großes Stadtgebiet, 36-mal so viele Einwohner und mit einem Haushalt in Höhe von über 6 Mrd. einen rund 80-mal größeren Haushalt. Dort sitzen aber nur 1,67-mal so viele Stadträte wie hier. Auch da sind wir in der Pflicht die Arbeitsfähigkeit des Stadtrates und die Folgen für den Haushalt im Blick zu halten. Ich werde dazu Vorschläge machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen lassen Sie uns jetzt im Verlaufe der Sitzung den Grundstein dafür legen, endlich wieder ins Arbeiten zu kommen. Wir haben uns jetzt über Monate mit uns selbst beschäftigt, jetzt müssen wir zusehen, die großen Aufgaben der Stadt gelöst zu bekommen. Ich lade Sie alle herzlich ein, mich bei der Amtsführung zu unterstützen, um das Wohl unserer Stadt zu fördern. Ich verspreche Ihnen im Gegenzug auch Sie bei der Ratsarbeit zu unterstützen.
Gemeinsam werden wir das schaffen.
Auf eine erfolgreiche Amtszeit von uns allen!
Vielen Dank!
Yannick Steinbach
